Grundlagen der Non-Financial-Berichterstattung

ESG-Ökosystem und Reporting

Die Unternehmen stehen vor einer grossen nachhaltigkeitsorientierten Transformation. Stärker denn je stehen sie in der Verantwortung, ihr Tun in Bezug auf die Verträglichkeit mit der Gesundheit unseres Planeten, unserer Umwelt und der involvierten Menschen kritisch zu hinterfragen, weiterzuentwickeln und darüber verbindlich zu berichten. Die ESG-Berichterstattung wird reguliert und somit konkret. Es besteht dringender Handlungsbedarf. 

Zur Ausgangslage: Während die Sustainable Development Goals (SDG) der UN eher noch allgemeine Ziele und Handlungsfelder für die Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft formulieren, verfolgen die Gesetzgeber nun klare Ziele – so die Umsetzung des European Green Deal in der EU oder des Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative in der Schweiz. Von den Unternehmen wird verlangt, aussagekräftige, schlüssige und vergleichbare Nachhaltigkeitsdaten zu liefern, und damit nicht nur bezüglich Finanzen, sondern auch bezüglich Nachhaltigkeit Rechenschaft über ihr Tun abzulegen und ihren Anspruchsgruppen – insbesondere den Investoren – relevante und vergleichbare Informationen zur Verfügung zu stellen. Wir stehen am Beginn einer grundlegenden Transformation der Berichterstattung. Was ist zu tun?

Noch ist die Situation unübersichtlich. Die Regulatoren entwickeln Gesetzesvorlagen und Taxonomien. Die Standardsetter arbeiten an verbindlichen Standards. Die Unternehmen beziehen sich auf diverse Standards und Frameworks, wie zum Beispiel den etablierten GRI-Standard. Eine Einschätzung und Vergleichbarkeit der Informationen über sämtliche Non-Financials ist aktuell trotz vorhandener Frameworks noch immer schwierig, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Nachhaltigkeitsberichte noch kein allzu grosses Vertrauen geniessen. 

Mit der Bildung des International Sustainability Standards Board (ISSB) auf der COP26, der UN-Klimakonferenz 2021, soll auf globaler Ebene eine neue Ausgangslage geschaffen werden. Die IFRS Foundation beabsichtigt als Treiberin des ISSB einen weltweiten Standard zu entwickeln, die IFRS Sustainability Disclosure Standards. Diese fokussieren primär auf Investoren. Auch die EU arbeitet daran, einen europäischen Nachhaltigkeitsstandard zu entwickeln, der sich nicht nur an Investoren, sondern auch an weitere Stakeholder richtet. Damit arbeiten weltweit mehrere Akteure gleichzeitig an demselben Thema, zum Teil in Konkurrenz zueinander, und verfolgen doch das gleiche Ziel: Durch die Zusammenführung der ESG-Berichtsstandards sollen sich Unternehmen nicht mehr durch ein kompliziertes Geflecht verschiedener Standards mit unterschiedlichen Messverfahren, Leitlinien, Protokollen und Bewertungen arbeiten, sondern den gleichen Standard anwenden (vergleichbar zum IFRS-Standard im Accounting). Dadurch wird der Berichterstattungsprozess vereinfacht. Zugleich liegt aber eine höhere Verantwortung bei den Unternehmen, die sicherstellen müssen, dass die offengelegten ESG-Angaben korrekt und nachvollziehbar sind. Das Thema Nachhaltigkeit rückt damit an die Kernprozesse der Unternehmen und wird als Teil einer integrierten Unternehmenssteuerung gesehen, die neben traditionell ökonomischen auch soziale und ökologische Unternehmensziele umfasst. Diese weltweite Neuausrichtung geht hin zu einer stärkeren Standardisierung und zur Anwendung der in der Finanzwelt üblichen Kontrolle und Sorgfalt auf das differenzierte Datenfeld der Nachhaltigkeit.

«Die Kapitalmärkte spielen bei der Erreichung des Netto-Null- Ziels eine wesentliche Rolle. Das gelingt aber nur, wenn Nachhaltigkeitsdaten mit der gleichen Sorgfalt, Qualitätssicherung und globalen Vergleichbarkeit erhoben werden wie Finanzdaten.»
Erkki Liikanen, Vorsitzender der IFRS-Stiftung

 

Die bisher bestehenden regulatorischen Vorgaben, wie zum Beispiel die derzeit in Europa geltende Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung (Non-Financial Reporting Directive, NFRD), haben nicht die erforderliche Transparenz geschaffen, um Nachhaltigkeitsziele wie z.B. das von der EU gesetzte Ziel Netto-Null bis 2050 oder die SDGs bis 2030 zu erreichen. Die Datenqualität der non financials lässt häufig zu wünschen übrig, und gerade Investoren erhalten nicht die Daten, die sie benötigen, um ihre Investitionsentscheide zu fällen. Diese Ausgangslage und die Klimakrise veranlassen die Standardsetter und Aufsichtsbehörden, bei ESG den Takt vorzugeben, und sie meinen es ernst. Die auf Klimafragen spezialisierte Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) beispielsweise gibt Empfehlungen aus, die auch in der Schweiz verbindlich werden. Die EU geht noch weiter, dort müssen Unternehmen bald die Anforderungen der «European Sustainability Reporting Standards (ESRS)» erfüllen, die die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) umsetzen – und zwar als verpflichtende Grundlage der Berichterstattung für Unternehmen, die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Mitarbeitende, mehr als EUR 40 Mio. Umsatz, Bilanzsumme grösser als EUR 20 Mio. Eine weitere Reporting-Vorgabe, die im EU-Raum bereits verpflichtend eingeführt wurde, ist die EU-Taxonomie, ein einheitliches Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Sie soll eine Definition von «nachhaltigem Wirtschaften» schaffen, um Investitionen entsprechend in nachhaltige Aktivitäten von Unternehmen umzuleiten. Die Taxonomie wird gestaffelt entwickelt; mit einer Priorität auf ökologischen und Klimathemen. Erste Angaben (Capex, Opex, Umsatz) müssen im Rahmen eines Zusatzes zur NFRD bereits berichtet werden. 

«Nicht nur für das Reporting, auch für die zugrunde liegenden Managementsysteme wird die Messlatte deutlich erhöht.»
Irene Perrin, Senior Consultant, Center for Corporate Reporting

 

So weit so gut, doch bei den Umsetzungsdetails herrscht momentan Verunsicherung. Den Unternehmen ist klar, dass das Thema ESG in ihren Jahresbericht einfliessen wird und es ihre Aufgabe ist, das Vertrauen der Anspruchsgruppen zu stärken. Unklar ist jedoch, wer in den Prozess eingebunden werden muss, welche Daten zu sammeln sind, wie die Datenintegrität sichergestellt werden kann und welche Vorbereitungen notwendig sind, um sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Datenquellen zu berücksichtigen. In vielen Unternehmen gibt es bereits etablierte Prozesse (z.B. zu GRI), aber die Unsicherheiten sind gross, inwiefern diese mit den neuesten Standards und Anforderungen übereinstimmen und wie ein Übergang zu einem neuen System gewährleistet werden kann. ESG ist somit zu einem Thema für das Topmanagement geworden.

Mehr zum ESG-Ökosystem und zum systemgestützen ESG-Reporting erfahren? Bestellen Sie jetzt kostenlos unser umfassendes Factsheet.